Methode zur Abschätzung des pandemischen Risikos von Vogelgrippeviren entwickelt
Hochpathogene Vogelgrippeviren des Typs H5N1 wurden bislang nur vereinzelt auf Menschen übertragen, führten dann aber zu einer Sterblichkeitsrate von ca. 60%. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass H5N1 Varianten in bestimmten Regionen wie z. B. Ägypten Mutationen aufweisen, welche potentiell eine leichtere Übertragung auf Menschen zur Folge haben könnten. Eine frühe Erkennung potentiell pandemischer Influenzaviren ist essentiell, um deren Übertragung einzudämmen und angemessene therapeutische und präventive Maßnahmen zu ergreifen.
Ein multidisziplinäres Forschungsteam mit Beteiligung von Wissenschaftler:innen des Georg-Speyer-Hauses hat durch die Kombination bioinformatischer und molekularvirologischer Methoden einen Algorithmus entwickelt und experimentell validiert, mit dem sich unter der Vielzahl von weltweit zirkulierenden Vogelinfluenzaviren Varianten mit pandemischem Potential, also einer leichteren Übertragbarkeit auf Menschen, frühzeitig erkennen lassen, so dass präventive Maßnahmen schneller entwickelt werden können.
Beteiligt an der Forschungsgruppe sind neben dem Georg-Speyer-Haus auch das Institut für Medizinische Virologie der JLU in Gießen, das Robert-Koch-Institut, Abteilung für HIV und andere Retroviren in Berlin sowie das Zentrum für Multidisziplinäre Forschung, Institut für Nuklearwissenschaft VINCA, in Belgrad (Serbien). Über den in Belgrad entwickelten Computeralgorithmus können potentiell pandemische Influenzaviren identifiziert werden, indem Aminosäureaustausche im Hämagglutinprotein vorhergesagt werden, welche zu einer besseren Interaktion des Virus mit humanen Zellen, bei gleichzeitig verminderter Interaktion mit aviären Zellen, führen. Die Computer-unterstützten Vorhersagen wurden experimentell validiert, indem die Autor:innen zeigen konnten, dass die Einführung der Mutationen in funktionelle Hämagglutinproteine die Infektion von Zielzellen mit humanen Rezeptoren tatsächlich erleichterte. Die hier entwickelten bioinformatischen Analysen ermöglichen somit frühe Vorhersagen über Mutationen in den Hüllproteinen von Influenzaviren, die auf eine Adaptation an humane Zellen hinweisen und möglicherweise mit einem erhöhten pandemischen Potential der Viren verbunden sind.
Publikation
S. Schmier*, A. Mostafa*, T. Haarmann, N. Bannert, J. Ziebuhr, V. Veljkovic°, U. Dietrich°, S. Pleschka°.
In silico prediction and experimental confirmation of HA residues conferring enhanced human receptor specificity of H5N1 influenza A viruses.
Sci Rep 5, 11434 (2015).
Nature, doi: 10.1038/srep11434
*equal first authorship; °shared senior authorship