Zeitleiste
1. Januar 1835
Gustav Speyer wird als Sohn von Lazard Speyer, Inhaber des Frankfurter Bankhauses Lazard-Speyer-Ellissen geboren. Am 17. Dezember 1857 wird sein Name in Georg Speyer geändert.
22. März 1844
Geburtstag von Stifterin Franziska Speyer, geb. Gumbert.
1869
Georg Speyer heiratet die 24-jährige Franziska Gumbert, die älteste Tochter eines Berliner Bankiers. Das Ehepaar Speyer bringt sozialen und kulturellen Fragen großes Interesse entgegen und gehört zu den Mäzenen der Stadt Frankfurt. Auf Ihr Engagement und Zahlungen gehen zahlreiche soziale Vereine in Frankfurt zurück, ebenso wie die Gründung der Universität und das Chemotherapeutische Forschungsinstitut Georg-Speyer-Haus.
Um 1900
Der Oberbürgermeister Franz Bourchard Ernst Adickes verstand es, begüterte Frankfurter Bürger:innen als Mäzene der Wohlfahrt, Kunst und Wissenschaft zu gewinnen. Auf diese Weise entstanden viele Wohlfahrtsinstitute, wissenschaftliche Stiftungen, das Opernhaus, die Universität und gemeinnützige Wohnsiedlungen.
1901
Zu den Mäzenen der Stadt Frankfurt gehörten essentiell die Speyers, so wurde die “Georg und Franziska Speyer’schen Studienstiftung” mit einem Vermögen von 1 Millionen Goldmark gestiftet. Die Stiftung verfolgte den Zweck der “Pflege der Wissenschaft sowie des höheren wissenschaftlichen Unterrichts”, woraus unter anderem schliesslich die Universität Frankfurt hervor ging.
1902
Georg Speyer stirbt am 24. April 1902 im Alter von 67 Jahren. Seine Frau Franziska beschließt ihm zu Ehren, eine “Akademie für praktische Medizin” mit dem zentralen Gebäude eines “Georg-Speyer-Hauses” auf dem Gelände des Städtischen Krankenhauses zu stiften. Für dieses Projekt stellt sie 1 Million Goldmark bereit.
1904
Es zeichnet sich ab, dass sich die Realisierung des Akademie-Projektes verzögern wird. Ludwig Darmstaedter, ein guter Bekannter Paul Ehrlichs, veranlasst Franziska Speyer, von den ursprünglichen Plänen Abstand zu nehmen und ein anderes Konzept zu verfolgen. Er rät ihr, mit der Stiftung eines Chemotherapeutischen Instituts Georg-Speyer-Haus direkt die wissenschaftliche Arbeit von Paul Ehrlich zu unterstützen. Paul Ehrlich leitete bereits seit 1899 das Königlichen Institutes für experimentelle Therapie in Frankfurt am Main, dem auch die staatliche Kontrolle der im Handel befindlichen Heilsera anvertraut war. Ab ca. 1902 beschäftigte sich Ehrlich mit der Erforschung von Medikamenten zur chemotherapeutischen Behandlung von Infektionskrankheiten und mit der Krebsforschung.
1905
Der Frankfurter Oberbürgermeister Franz Adickes stellt der Stifterin Franziska Speyer das städtische Gelände östlich des Königlichen Instituts für Experimentelle Therapie kostenlos für das geplante neue wissenschaftliche Institut Georg-Speyer-Haus zur Verfügung. Das Gebäude geht in das Eigentum der Stadt über, die bis heute die Unterhaltungskosten dafür übernimmt.
3. September 1906
Feierliche Eröffnung des Georg-Speyer-Hauses und Übergabe an seinen ersten Direktor, Paul Ehrlich. Ehrlich leitet damit sowohl das Königliche Institut für Experimentelle Therapie, als auch das neu eingerichtete Georg-Speyer-Haus.
1908
Paul Ehrlich erhält den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin aufgrund seiner “unvergänglichen Verdienste um die medizinische und biologische Forschung, namentlich um die Wertbestimmung der Serumpräparate”.
1909
Paul Ehrlich sowie seine Mitarbeiter Alfred Bertheim und Sahachiro Hata entdecken nach langen Versuchen Salvarsan, ein Mittel zur Behandlung der Syphilis.
Franziska Speyer stirbt an einer Krebserkrankung.
1910
Paul Ehrlich zu Ehren wird die Sandhofstraße, in der “seine” Institute in Frankfurt stehen in Paul-Ehrlich-Straße umbenannt.
1911
Das Vermögen der Stiftung “Georg-Speyer-Haus” wächst durch Einnahmen aus der Salvarsan-Lizenz stark an.
1914
Eröffnung der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt.
20. August 1915
Tod Paul Ehrlichs in Bad Homburg.
1917
Wilhelm Kolle wird Nachfolger Paul Ehrlichs als Direktor beider Institute bis zu seinem Tod 1935. Salvarsan wird zu dem verträglicheren Neo-Salvarsan weiter entwickelt.
1921
Um dem Georg-Speyer-Haus die Einnahmen aus den Salvarsan-Lizenzen zu erhalten initiiert Ludwig Darmstaedter die Trennung zwischen der “Georg und Franziska Speyerschen Studienstiftung” und der selbstständigen, gemeinnützigen Stiftung “Georg-Speyer-Haus”.
1922
Fertigstellung des Verbindungsbaus zwischen dem Georg-Speyer-Haus und dem benachbarten Königlichen Institut für Experimentelle Therapie, gleichzeitig Einbindung des Ferdinand-Blum-Instituts in den Gebäudekomplex. Das Ferdinand-Blum-Institut für experimentelle Medizin wird zum Teil der beiden größeren Institute, die Ferdinand-Blum-Stiftung hat weiter bestand und fördert in beiden Instituten Wissenschaft und Forschung.
1926
Anläßlich des 80. Geburtstags von Ludwig Darmstaedter beschließt der Vorstand des Georg-Speyer-Hauses den “Ludwig Darmstaedter-Preis” einzurichten.
1929
Von Paul Ehrlichs Witwe Hedwig wird eine Paul Ehrlich-Stiftung eingerichtet, die seither jährlich den Paul Ehrlich-Preis verleiht. Die Verleihung findet am 14. März, Paul Ehrlichs Geburtstag, statt.
1935
Richard Otto folgt Wilhelm Kolle als Direktor des Georg-Speyer-Hauses und des Königlichen Instituts für Experimentelle Therapie und leitet diese bis 1948. Auf Anordnung des Naziregimes werden alle Schriften Paul Ehrlichs aus der Bibliothek des Instituts entfernt. Zum Jahresende werden auf Anordnung des Reichs- und Preußischen Innenministeriums alle jüdischen Mitarbeitenden des Hauses entlassen.
1938/39
Während der NS-Zeit wird die Satzung des Georg-Speyer-Hauses geändert, der Institutsname in Forschungsinstitut für Chemotherapie geändert. Zusätzlich wird die Paul-Ehrlich-Straße in Ludwig-Rehn-Straße umbenannt.
Während des Krieges wird über die Chemotherapie von Tuberkulose, Lepra und Fleckfieber geforscht und Tumorforschung betrieben. Daneben müssen kriegswichtige Arbeiten übernommen werden wie die Entwicklung von Synthesegummi, eines Impfstoffes gegen Fleckfieber und Heilmitteln gegen Giftgas und Gasbrand. Das Gebäude des Georg-Speyer-Hauses wird bei Bombenangriffen 1944 nur leicht beschädigt, während das Staatliche Institut für Experimentelle Therapie weitgehend zerstört wird und teilweise nach Marburg verlegt werden muss.
Nach 1945
Rückbenennung des Forschungsinstituts für Chemotherapie in Chemotherapeutisches Forschungsinstitut Georg-Speyer-Haus. Die Stiftung erhält eine neue Satzung, die die alte Struktur aus den 20er Jahren weitgehend wieder herstellt.
1947
Günter K. Schwerin, ein Enkel Paul Ehrlichs, erreicht, dass das ehemals “Königliche”, mittlerweile Staatliche Institut für Experimentelle Therapie den Namen seines ersten Direktors tragen darf: Paul-Ehrlich-Institut Staatliche Anstalt für Experimentelle Therapie.
1949
Das Stiftungsvermögen des Georg-Speyer-Hauses, das vor der Währungsreform noch 10 Millionen Mark betragen hatte, ist auf 130.000 Mark geschrumpft. Die Lizenzzahlungen für Salvarsan sind ausgelaufen, es gibt kaum noch Einnahmen. Richard Prigge (1949 – 1962) tritt die Nachfolge von Richard Otto als Direktor des Paul-Ehrlich-Instituts und des Georg-Speyer-Hauses an.
1950
Die finanzielle Lage stabilisiert sich mit der Aufnahme des Georg-Speyer-Hauses in das Königsteiner Abkommen, welches eine gemeinsame Finanzierung größerer Forschungseinrichtungen durch die Bundesländer festlegt.
1952
Der “Paul Ehrlich”- sowie der “Ludwig Darmstaedter-Preis” werden vereinigt. Die Auszahlung von Geldmitteln wird jedoch erst 1960 durch die Vermittlung von Bundespräsident Theodor Heuss ermöglicht. Die Preisverleihung erfolgt nach den Kriterien des Paul Ehrlich-Preises und findet weiterhin am 14 März, Paul Ehrlichs Geburtstag, statt. Der Preis ist einer der international renommiertesten Auszeichnungen, die in der Bundesrepublik Deutschland auf dem Gebiet der Medizin vergeben wird.
1962 – 1966
Günther Heymann leitet das Georg-Speyer-Haus und das Paul-Ehrlich-Institut kommissarisch.
1966 – 1969
Niels Kaj Jerne leitet die Institute. Er entwickelt Theorien über die Funktionsweise des Immunsystems und erhält 1984 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin.
1969 – 1973
Günther Heymann wird zum zweiten Mal kommissarischer Institutsleiter.
1974 – 1987
Hans Dieter Brede ist Institutsleiter beider Institute. Während seiner Amtszeit wird mit der Aidsforschung und dem Bau eines neuen Gebäudes für das Paul-Ehrlich-Institut in Langen begonnen.
1987
Beginn des Umzugs des Paul Ehrlich Instituts nach Langen, Auflösung der Personalunion zwischen beiden Instituten und Abkopplung des Paul-Ehrlich-Instituts vom Georg-Speyer-Haus. Der Vorstand des Chemotherapeutischen Forschungsinstitut Georg-Speyer-Haus beschließt, weiterhin die Räumlichkeiten in der Frankfurter Paul Ehrlich-Straße zu nutzen.
1987 – 1993
Helga Rübsamen-Waigmann richtet als Direktorin zusätzliche Stellen im Institut ein und intensiviert die HIV-Forschung. Es können erstmals in Deutschland HIV-Stämme aus Patient:innen isoliert und charakterisiert werden. Dazu werden diagnostische Tests entwickelt, die dem Institut zusätzliche Einnahmen durch das daraus hervorgegangene Patent sichern.
1994 – 1998
Hans Dieter Brede übernimmt bis zu seinem Tod wieder kommissarisch die Leitung des Georg-Speyer-Hauses. Während seiner Amtszeit wird 1995 – 1997 der gesamte Gebäudekomplex, aus Mitteln des Bundesministeriums für Gesundheit und des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst, renoviert.
1998 – 2012
Bernd Groner wird Direktor des Georg-Speyer-Hauses. Einrichtung von neuen Arbeitsgruppen, stärkere Betonung der Tumorbiologie und Verstärkung der Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum. Klinische Erprobung neuer Krebsmedikamente und Anwendung der Gentherapie.
2012 – 2013
Winfried Wels übernimmt die kommissarische Leitung des Instituts.
August 2013 – heute
Florian Greten wird Direktor des Georg-Speyer-Hauses. Die Ausrichtung der Forschung zur Tumorbiologie wird vollzogen, was auch in der Umbenennung des Instituts vom „Chemotherapeutischen Forschungsinstitut Georg-Speyer-Haus“ zum „Georg Speyer Haus – Institut für Tumorbiologie und experimentelle Therapie“ zum Ausdruck kommt.