Foto: Andreas Reeg, mail@andreasreeg.com, +49 171 544 92 47, www.andreasreeg.com
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Dr. Lisa Sevenich

Die Bedeutung der Tumormikroumgebung in der Hirnmetastasierung

Hirnmetastasen stellen ein ungelöstes klinisches Problem dar: Es besteht ein großer Bedarf an verbesserten Therapiemöglichkeiten, um die gewebespezifischen Einschränkungen des Behandlungserfolgs zu überwinden. Der unzureichende Behandlungserfolg ist zumindest teilweise auf die spezielle Tumor-Immun-Mikorumgebung in Hirnmetastasen zurückzuführen. Die Bildung von Metastasen innerhalb des immunprivilegierten Hirnparenchyms führt zur Rekrutierung verschiedener lymphoider und myeloider Populationen, die aus dem Knochenmark sowie aus angrenzenden Bereichen des Zentralnervensystems wie den Hirnhäuten stammen. Die rekrutierten Immunzellen bilden zusammen mit den im Gehirn ansässigen Zellen die komplexe Tumor-Immun-Mikroumgebung in Hirnmetastasen. Wir verwenden experimentelle in vivo- und ex vivo-Modelle sowie Patientenproben, um detaillierte Einblicke in die zelluläre und funktionelle Heterogenität verschiedener Immunzellpopulationen zu gewinnen. Wir versuchen, die zellulären und molekularen Faktoren für das Fortschreiten der Krankheit und das Ansprechen auf die Therapie zu identifizieren, um eine wissenschaftliche Grundlage für die Entwicklung innovativer, auf das Immunsystem gerichteter Therapien zu schaffen.

Tumorassoziierte Makrophagen und Mikroglia bei Hirnmetastasen

Tumorassoziierte Makrophagen und Mikroglia (TAMs) sind die am häufigsten vorkommende Immunzellen in Hirnmetastasen. Die Analyse der heterogenen TAM-Population ergab eine funktionelle Dichotomie, bei der die hirn-residenten Mikroglia mit Housekeeping-Funktionen und der Wirtsabwehr in Verbindung gebracht werden, während die von Monozyten abstammenden Makrophagen mit Wundheilungsmechanismen und Immunsuppression in Verbindung gebracht werden. Wir versuchen, Strategien zur Modulation der Rekrutierung peripherer Makrophagenpopulationen zu entwickeln, die Induktion von tumorbedingten Phänotypen zu verhindern oder spezifisch auf krankheitsassoziierte Phänotypen abzuzielen.

Tumorinfiltrierende T-Zellen bei Hirnmetastasen

Hirnmetastasen führen zu einer Infiltration von T-Lymphozyten. Die Mehrheit der T-Zellen zeigt jedoch Erschöpfungsphänotypen und ist funktionell beeinträchtigt. Wir arbeiten daran, Strategien zur Reaktivierung der Krebsimmunität durch eine auf T-Zellen gerichtete Immuntherapie in Kombination mit einer Strahlentherapie zu entwickeln. Wir nutzen experimentelle Hirnmetastasenmodelle, um die Behandlungspläne für die Radioimmuntherapie zu optimieren. Dabei konzentrieren wir uns auf die immunmodulierenden Effekte der Ganzhirnbestrahlung und der stereotaktischen Radiochirurgie.

Perspektiven für immungerichtete Therapien

Auf Myeloid- und T-Zellen ausgerichtete Therapien zeigen in Hirnmetastasenmodellen eine krebshemmende Wirkung. Allerdings wird die langfristige Wirksamkeit durch adaptive Resistenzmechanismen beeinträchtigt. Wir wollen molekulare Schalter identifizieren, mit denen das immunsuppressive Milieu in Hirnmetastasen lokal in ein immunogenes Umfeld umgewandelt werden kann, das die Immunität gegen Krebs unterstützt. Wir haben metabolische Kontrollpunkte als kritische Modulatoren des Immunstatus in Hirnmetastasen identifiziert. Die gezielte Beeinflussung der metabolischen Checkpoints in Kombination mit einer Strahlentherapie führt zu einer lokalen Immunmodulation, die den immunsuppressiven Druck des myeloischen Kompartiments aufhebt und zu einer Reaktivierung von T-Zellen führt.

 

Unser langfristiges Ziel ist es, unsere präklinischen Erkenntnisse in verbesserte Behandlungsmöglichkeiten für Hirnkrebspatienten umzusetzen.